Jacques Joseph:
Nasenplastik und sonstige Gesichtsplastik
nebst einem Anhang über Mammaplastik

– eine Standortbestimmung anläßlich der reprographischen Neuauflage des Buches
von H. Behrbohm

Veröfentlicht in HNO aktuell 12: 349-350 (2004)

Pünktlich zum 100jährigen Jubiläum der modernen Nasenchirurgie und im Jahr des 70. Todestages von Jacques Joseph erscheint im Kaden Verlag Heidelberg eine aufwendig gestaltete, reprografische Neuauflage des längst vergriffenen Hauptwerkes von Jacques Joseph „Nasenplastik und sonstige Gesichtsplastik nebst einem Anhang über Mammaplastik und einige weitere Operationen aus dem Gebiete der äusseren Körperplastik“.
Jacques Joseph ist einer der bedeutendsten plastisch-rekonstruktiven Chirurgen des 19. bzw. 20. Jahrhunderts und der wichtigste Pionier der Nasenplastik in Deutschland. Sein Werk greift Techniken anderer großer Chirurgen wie von Dieffenbach, Sauerbruch, Thiersch u.a. auf, die z.T. weiterentwickelt wurden. Joseph arbeitete von 1928 bis 1931 an diesem Werk, also nach seiner Zeit als Leiter der Abteilung für plastische Gesichtschirurgie in der Charité und nach vielen Jahren in eigener Praxis und Klinik. Das Buch – Joseph charakterisiert es als „Atlas und Lehrbuch“ – gibt einen vollständigen Überblick sowohl über die Prinzipien der Analyse und Operationsplanung und -technik bei Patienten mit ausgedehnten Gesichtsverletzungen als auch bei funktionellen und ästhetischen Indikationen, wie z.B. der Schief-, Sattel- oder Höckernase. Auf insgesamt 842 Seiten hat Joseph seine Erfahrungen auf den Gebieten der korrektiven, rekonstruktiven und ästhetischen Nasenchirurgie sowie der Gesichts-chirurgie von der Hängewangen-plastik bis zu Stirn-, Kiefer-, Lippen-, Wangen- und Lidplastik beschrieben. In einem Anhang von 80 Seiten widmet er sich der Mammaplastik und Mastoplastik.
In mehrfacher Hinsicht ein Gewinn

Viele der beschriebenen Operationstechniken und -indikationen, z.B. die resektive Septumchirurgie, haben sich durch neue Erkenntnisse oder Innovationen weiterentwickelt oder verändert. Dennoch ist das Werk für jeden Arzt, der sich mit der plastischen Chirurgie der Nase und des Gesichtes beschäftigen will, aus verschiedenen Gründen auch heute noch ein Gewinn: Gerade weil damals noch keine Lasertechniken und noch nicht die Techniken der gefäßgestielten freien Transplantationen oder Endoskope für die Diagnostik des Naseninneren zur Verfügung standen, wird der Le-ser mit dem größten Respekt, ja mit Verwunderung auf die erzielten Resultate blicken. Daß der größte Teil der dargestellten Operationen in Lokalanästhesie erfolgte, ist aus heutiger Sicht kaum noch vorstellbar.

Original-Raspatorium nach Joseph
Tiefgreifender Einblick in die
plastisch-rekonstruktive Chirurgie

Die Josephschen Prinzipien der Planung und Hebung von Lappen, der Nahttechniken oder der Wundbehandlung sollte jeder operativ tätige HNO-Arzt und Gesichtschirurg in seinem Repertoire haben. Ein guter didaktischer Aufbau des Buches von den allgemeinen Grundlagen der Anatomie, den Proportionen des Gesichtes, den Ursachen von verschiedenen Deformitäten und den „Vorbedingungen für das Gelingen von Plastiken“ führt den Leser an spezielle chirurgische Problemsituationen und deren Lösung in oft hoffnungslos erscheinenden Fällen. Der Duktus des Textes ist klar und verständlich, es offenbart sich die Sprache eines großen Pragmatikers und genialen Operateurs.

Beispiel für eine Rhino-Neoplastik, Komplette Nasenersatzplastik der inneren und äußeren Nase
Beeindruckend ist die große Ehrlichkeit hinsichtlich eingetretener Komplikationen und Risiken. Die Bedeutung der genauen Analyse einer Formstörung oder eines Defektes als Voraussetzung für einen klaren präoperativen Plan zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Neben den „biologischen Grundlagen der Gesichtsplastik“ und deren technischen Aspekten widmet sich Joseph immer wieder der psychologischen Seite. So heißt es z.B. im Kapitel „Motive zur Rhinomiosis und Bedeutung der Operation für das praktische Leben“: „Wer aber nur von einer Entstellung befreit werden, in seinem Äußeren nur den Durchschnitt, nur Unauffälligkeit erreichen will, sollte nicht mit dem Odium der Eitelkeit behaftet werden“. Joseph hat für seine Operationen zahlreiche Instrumente entwickelt. Das wohl bekannteste ist „der Joseph“, ein Elevatorium, nach dem heute noch täglich in den Operationssälen auf der ganzen Welt verlangt wird. Das Buch vermittelt auch ein Verständnis für den Zusammenhang von Operationsziel und Instrumentenkunde.
Inhaltlich und gestalterisch ein Meisterstück

Das Werk ist ein Meisterstück von Autor, Zeichnerinnen, Fotograf und Verleger. Die Zeichnungen und Pastelle sind klar, anschaulich und didaktisch vorbildlich und machen so die Operationsprinzipien wie auch die Operationsschritte bestens verständlich. Die ausgewogene, harmonische Gestaltung – das Layout, wie wir heute sagen – sind beispielhaft und spiegeln das ästhetische Ziel der Operationen wider. Von den technisch meisterhaften Schwarzweißfotografien geht eine Ausstrahlung aus, die den Betrachter auch noch heute bewegt. Die jetzt in einem aufwendigen reprografischen Verfahren hergestellte Neuauflage hält den Vergleich mit dem Original stand. Der Einband mit Cabra-Halblederrücken und Leinenbezug wurde weitestgehend der Originalausgabe in Luxusausstattung nachempfunden.

Beispiel für eine Rhino-Neoplastik, Komplette Nasenersatzplastik der inneren und äußeren Nase
Beeindruckendes kulturhistorisches Zeugnis

Dieses Hauptwerk von Jacques Joseph ist zudem ein beeindruckendes kulturhistorisches Zeugnis einer vergangenen wichtigen Epoche der Medizin. Josephs Karriere begann im Wilhelminischen Deutschland, führte ihn zu höchster Anerkennung als Arzt und endete im Nationalsozialismus mit schweren Demütigungen und der „Erlaubnis“ zu einzelnen Operationen durch diskriminierende Sondergenehmigungsverfahren in der schlimmsten Zeit der Judenverfolgung.
Die Bedeutung Josephs und sein Werk sind in Deutschland bis heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Das liegt daran, daß seine Leistungen nach seinem Tode im Dritten Reich wie die Leistungen aller jüdischen Ärzte und Wissenschaftler ignoriert wurde. Nach dem Krieg kamen Publikationen über Joseph erst aus dem Ausland und den Vereinigten Staaten, wohin seine Frau Eleonore und Tochter Bella emigrierten.
Es ist das Verdienst des Verlegers Dr. Reinhard Kaden, mit der aufwendigen Neuauflage des Buches allen interessierten Ärzten das wissenschaftliche Vermächtnis dieses großen Arztes wieder zugänglich gemacht zu haben.

Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. Hans Behrbohm,
Abteilung für HNO-Heilkunde,
plastische Operationen
Park-Klinik Weißensee,
Schönstraße 80, 13086 Berlin

Auszug aus:
Joseph, Jacques: Nasenplastik und sonstige Gesichtsplastik, nebst einem Anhang über Mammaplastik
Jacques Joseph:
Nasenplastik und sonstige Gesichtsplastik,
nebst einem Anhang über Mammaplastik

2004
ISBN 3-922777-69-4, XXXI, 842 Seiten, erweitert durch 4 Seiten Anhang mit einem Kurzporträt des Autors. Mit 1717 teils farbigen Abbildungen. Halbleder mit Rückentitel und Rückenvergoldung.
Verlag von C. Kabitzsch, Leipzig, 1931. Limitierter, numerierter reprographischer Nachdruck der Luxusausgabe
Jacques Joseph (1865–1934) gehört zu den Pionieren und Wegbereitern der plastisch-rekonstruktiven Chirurgie. Sein Buch „Nasenplastik und sonstige Gesichtsplastik, nebst einem Anhang über Mammaplastik und einige weitere Operationen aus dem Gebiete der äußeren Körperplastik. Ein Atlas und Lehrbuch“ wurde jetzt in einem aufwendigen Verfahren als reprografischer Nachdruck im Kaden Verlag Heidelberg neu aufgelegt. Diese bibliophile Ausgabe hält den Vergleich mit dem Original mühelos stand.

Preis 147,50 € (inklusive MwSt.)
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